Stellungnahme des Verbands feministischer Wissenschafteri*nnen zur UG Novelle (12.1.2021)
Der vorliegende Entwurf zur Novelle des Universitätsgesetzes 2020 setzt die Tendenzen zur Entdemokratisierung österreichischer Universitäten und der Zerstörung der vormals grundlegenden Verschränkung von Lehre,Forschung und Anwendung sowie die Einschränkung eines selbstbestimmten Studiums fort.
Der vorgelegte Entwurf benachteiligt Studierende aus ökonomisch schwächeren und bildungsferneren Familien, berufstätige Studierende und Studierende mit Kindern. Studieren einzig ausgehend von einer ausbildungs-quantifizierten Effizienzlogik und der Produktion rascher Abschlüsse zu verstehen, steht einer erfolgreichen, kreativen, kritischen und freien Wissenschaft entgegen, ebenso die verstärkten Zugriffsrechte der Politik auf die Universitäten.
Lektor*innen, die bisher über befristete Dienstverhältnisse an den Universitäten beschäftigt sind, tragen wesentlich zu einer vielfältigen und kritischen Lehre an Universitäten bei. Die im Entwurf festgeschriebene Beschränkung der Dauer befristeter Arbeitsverhältnisse auf sechs Jahre ist dann sinnvoll, wenn sie tatsächlich zur Entfristung der Lektor*innen führt, nicht jedoch, wenn sie dazu verwendet wird,die Vielfalt der Lehre einzuschränken.
Die Möglichkeiten für feministische Wissenschafteri*nnen, an Universitäten ihre Expertise in die Lehre einzubringen –und sei es semesterweise befristet –schwanden schonbisher zusehends, einerseits infolge von allgemeinen Sparmaßnahmen, andererseits durch ihre marginalisierte inhaltliche Position in den Curricula (auch innerhalb der Gender Studies). Nun sind sie besonders gefährdet.
Vor allem die Aufspaltung der Lektori*nnen in freie Dienstnehmeri*nnen, die als geringfügig Beschäftigte nicht unter die Regelung fallen würden,und quasi’echte‘ Teilzeitbeschäftigteverwischt die reale Situation des jeweils prekären Arbeitsverhältnisses, das durch seine Vervielfältigung (zumeist anmehreren Universitäten in Österreich parallel tätig zu werden) nur vordergründig durchuns Betroffene abgefedert werden kann: Die Regelung des § 109 Absatz 5 würde insgesamt eine Prekarisierung aller Lektori*nnen mit sich bringen und ist daher ersatzlos zu streichen. Auch die Konzeption unbestimmter Ausschreibungen bietet keine Lösung dar, weder aufseiten der an einer Arbeit an einer Universität nach wie vor interessierter noch für die Universitäten und die Kontrolle der fairen, gleichbehandlungsgemäßen Aufnahmeverfahren. Daher ist der angedachte§ 107 Abs 1, der eingefügte Satz ‚Im Rahmen einer Ausschreibung können auch alternative Zuordnungen zu einer Personalgruppe vorgesehen werden‘ ersatzlos zu streichen.
Darüber hinaus wird in den Bestimmungen zum Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen trotz der Erweiterung des Beschwerderechts bezogen auf die Verletzung der Frauenförderung seine Funktionsfähigkeit komplett untergraben: sowohl das Ansinnen, diesesKontrollorgan wählen zu lassen als auch der Wunsch, eine Unvereinbarkeit zur Mitgliedshaft im Senat zu konstruieren, zeugen von einem tiefsitzenden Misstrauen gegenSchutzinstitutionen für den verfassungsmäßigen Anspruch auf Gerechtigkeit, Gleichbehandlung aller Geschlechter, Gleichstellung zwischen Frauen* und Männern* und Antidiskriminierung, wie sie seit bald 30 Jahren an den Universitäten mühsam implementiert wurden.
Wir fordern die Ermöglichung eines freien Zugangs zu universitärer Bildung für alle, eine vielfältige und kritische Lehre, gute Arbeitsbedingungen für alle, die an den Universitätentätig sind, und demokratische Universitätsstrukturen!
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