Einen wesentlichen Aspekt darin bildet der Anspruch, die ”Mobilität zwischen In- und Ausland, Wirtschaft und Wissenschaft” zu fördern und ”die Einstiegschancen für junge Wissenschaftler” zu verbessern. Inwieweit dabei die Mobilität zwischen Wirtschaft und Wissenschaft in Bereichen der Human-, Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften sowie der Kunstwissenschaften und darüber hinaus auch für eine größere Anzahl von qualifizierten WissenschafterInnen aus diesen Bereichen möglich ist, sei hier von uns grundsätzlich kritisch in Frage gestellt.
Durch die Befristung fast
aller zukünftigen Dienstverhältnisse im universitären
Bereich auf vier Jahre ohne Verlängerungsmöglichkeit wird es
inneruniversitäre wissenschaftliche Karrieren und Engagement im Aufbau
spezifischer Forschungsschwerpunkte nur mehr in reduziertem Ausmaß
geben können. Die anscheinend parallel zur laufenden Reduzierung der
Planstellen beabsichtigte Erhöhung der Anzahl der ProfessorInnen (ebenfalls
auf Zeit?) ändert an dieser strukturellen Demotivation nichts.
Zur Unterstützung der Wissenschafts- und InfrastrukturministerInnen wurde bei der Vergabe von Forschungsgeldern der ”Rat für Forschung und Technologieentwicklung” eingerichtet. Dieser arbeitet derzeit an einem Strategiekonzept, von dem auch Beamtinnen des Ministeriums nicht erwarten, dass es die Anliegen feministischer Wissenschaften berücksichtigen wird. In der Tagespresse werden ”Prioritätensetzung bei marktnahen Projekten” und die Freigabe von vorerst 1,2 Mrd. Schilling für ”unumstrittene Projekte” kolportiert (Der Standard 20./21.Jänner 2001: 26) . Das Regierungsziel des Anstiegs der Forschungsquote von derzeit 1,8 auf 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2005 müsse dabei freilich zum größten Anteil von der Wirtschaft getragen werden, wobei man darauf hoffe, dass die “Wirtschaft erkenne, dass sie den größten Beitrag aufzubringen habe” .
Dass eine Regierung, die
Bildung zum inflationären Gut stempelt, und Bildung und Wissenschaft
mit der “ökonomischen Vorstellung einer störungsfreien Sieger-Rentabilität”
(Frank-Rieser 1999) verknüpft, die Wirtschaft nicht als Kooperationspartner
oder Förderer von vielen Wissenschaften motiviert, sondern sie im
Gegenteil animiert sie zu vereinnahmen und zu dominieren, liegt auf der
Hand. Die Relevanz und Notwendigkeit der
Drittmittelfinanzierung
wird mit Einführung der Vollrechtsfähigkeit, die die schwarz-blaue
Koalitionsregierung bereits Ende 2001 als Gesetz beschließen will,
für alle Universitäten erheblich steigen. Doch sind einer Drittmittelfinanzierung
von Forschung in Österreich – anders als in Ländern mit
einer ausgeprägten Industriestruktur und einer historisch gewachsenen
Mäzenatenkultur – deutliche Grenzen gesetzt” (Resolution der Universität
für Angewandte Kunst in Wien vom 17.11.2000). Insbesondere wird in
Österreich eine ohnehin marginalisierte feministische Forschung und
Lehre keinen ”marktfähigen” Status erlangen können.
Die Stärkung des staatlichen Einflusses manifestiert sich beispielweise auch bei der Wahl des Rektors. Diese soll nicht mehr durch den Senat, sondern neuerdings gleichfalls durch den Universitätsbeirat in sogenannter ”doppelter Legitimation” erfolgen, was einer Halbierung der Befugnisse des Senats als demokratischem Gremium zugunsten des Universitätsbeirates gleichkommt. Der Universitätsbeirat jedoch soll teils von politischen Gremien und teils von wirtschaftlichen Interessensvertretungen besetzt werden. Somit stärkt der Staat seinen wirtschaftlich motivierten Einfluss, während er sich gleichzeitig seiner bildungspolitischen Verantwortung entzieht. In der Folge wird der Universitätsrat auch als ständiges Entscheidungsgremium dem Rektor und dem Senat beigestellt werden (wobei es den Senat ohnedies nur im Falle einer Fakultätsgliederung geben wird, die jedoch im Rahmen der Vollrechtsfähigkeit der österreichischen Universitäten nicht mehr ”vorgesehen oder gar verordnet” wird).
Desgleichen plant die neue
Universität in anti-demokratischer Weise
keine Kommissionen
mehr ein, sondern lokalisiert die “Mitbestimmung auf einer Ebene der obersten
Leitung” , also dem Rektor und dem Universitätsrat. Angesichts der
bisherigen wenig erfreulichen Erfahrungen mit der Verankerung von Frauenförderung
sowie Frauenforschung und feministischer Forschung sind die Folgen für
feministische Forscherinnen und Lehrende absehbar. Frauenförderung
wird zwar als eine der ”übergeordneten Interessenslagen” im Entwurf
zur Vollrechtsfähigkeit festgelegt, klingt aber angesichts des politischen
Grundtenors der derzeitigen Regierungskoalition ebenso alibihaft wie die
vage Formulierung, ”die Mitwirkung der Studierenden in Studienfragen ist
sicher zu stellen”.
Die forcierte Geschwindigkeit
der Reformen lässt den Universitäten, die erst kürzlich
oder bisher noch nicht ‚gekippt’ sind, kaum Zeit, trag- und ausbaufähige
interne Managementinstrumente oder -strukturen demokratisch zu entwickeln.
Damit steigt die Gefahr, die derzeit noch vorhandene
Chance, Frauen
und insbesondere feministische Inhalte zumindest marginal zu integrieren,
zu zerstören. Es steht zu befürchten, dass es ohne explizite
und in den Satzungen aller österreichischen Universitäten festgeschriebenen
Frauenförderung (die sich derzeit ohnedies mit einem Verständnis
von Unterrepräsentation begnügt, das mit 40% Frauenanteil begrenzt
ist, und keinerlei konkrete Sanktionen bei Außerachtlassung der Gebote
vorsieht,) sowie mit der Abschaffung der Gremien zu ähnlich frauenfeindlichen
Verhältnissen kommen kann, wie sie bereits weitgehend im Fachhochschulbereich
zu beobachten sind.
Zum anderen wird in einer Zukunft, in der für die Erreichung der Marktfähigkeit der Universitäten ein “Leistungsvertrag” in “einer ergebnisorientierten Form” das Verhältnis zwischen Staat und jeweiliger Universität regeln soll, feministische Lehre einen noch schwierigeren Status einzunehmen haben als bisher. Die im Entwurf zur Vollrechtsfähigkeit explizit betonte Ergebnisorientiertheit wird unter anderem eine entsprechende Evaluierung bedingen, die vermutlich selten ihren Fokus auf Prozessorientiertheit legen wird (können). Es steht zu befürchten, dass die – grundsätzlich zu befürwortende – Evaluierung verstärkt negative Auswirkung auf die Lehrauftragsvergabe an freie feministische Wissenschafterinnen zur Folge haben wird.
Denn bereits jetzt sind die
Auswirkungen der noch keineswegs flächendeckend durchgeführten
Evaluation
auf externe Lehrauftragsvergabe und interne Lehrbeauftragung unterschiedlich
bewertet. Im Falle dass Lehrveranstaltungen der bediensteten UniversitätslehrerInnen
“wiederholt von Studierenden negativ beurteilt werden”, sieht die Evaluierungsverordnung
lediglich vor, dass “der Studiendekan verpflichtet [ist], in einem Gespräch
mit dem betreffenden Universitätslehrer nach Verbesserungsmöglichkeiten
zu suchen”. Im Vergleich zu den relativ harmlosen Auswirkungen für
internes Lehrpersonal sind negative Evaluierungsergebnisse für externe
Lehrende ungleich schärfer und ausgrenzender.
Doch
dieses ist nur einer von vielen Aspekten der unterschiedlichen Politiken
hinsichtlich universitärer Lehre in Zeiten der schwarz-blauen Wissenschaftspolitik.
Der Verband feministischer Wissenschafterinnen hat sich zur
Aufgabe gesetzt, die Diskussion der angeführten und vieler anderer
Aspekte umfassend und fundiert zu führen und lädt alle Interessierten
ein, im Rahmen des jour fixe am ersten Dienstag des Monats daran
teilzunehmen.
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Sabine Prokop ist freie Kommunikations-
und Medienwissenschafterin, Künstlerin und
externe Lektorin an verschiedenen
österreichischen Universitäten