In Anlehnung an die Idee des platonischen Gastmahls bot das von Michi Ebner, Dagmar Fink, Lucy Georgieva und Katja Wiederspahn konzipierte und organisierte Symposium, das erste einer österreichweiten VfW-Veranstaltungsreihe, einen ansprechenden Rahmen für kollektives Nachdenken und Debattieren. Über den Nachmittag verteilte Kurzreferate setzten Impulse zu den Themen Anerkennungsverhältnisse, spezifische Kompetenzen und Arbeitsverhältnisse feministischer Wissenschafterinnen sowie zur Institutionalisierung feministischer Wissenschaften.
In
ihrem Referat über „die Verhältnisse der Anerkennung“
stellte Michi Ebner u.a. die Frage wer wofür wie viel Anerkennung
bekomme. Diese lasse sich nicht nur an der Qualität der Produkte der
AkteurInnen festmachen. Mangelnde Anerkennung sei nicht als ein Kennzeichen
für mangelnde Qualität einer Arbeit zu verstehen, sondern als
Ausdruck sozialer Hierarchien. Die AkteurInnen des wissenschaftlichen Feldes
sind durch ihre Eingebundenheit in soziale Kategorien wie Gender, sexuelle
Orientierung, Klasse, Ethnie zu begreifen.
Diskutiert
wurde im Anschluss, wie feministische Wissenschafterinnen, denen es ein
besonderes Anliegen ist, einen kritischen und subversiven Blick zu bewahren,
gerade Anerkennung von jenen gesellschaftlichen Instanzen (wie z. B. dem
akademischen Feld) erwarten können, die sie immer wieder kritisieren.
Offen blieb, wie sich alternative Anerkennungsverhältnisse innerhalb
der Szene der freien Wissenschafterinnen schaffen, kultivieren und erhalten
ließen.
Dagmar Fink und Marcella Stecher betonten in ihrem Vortrag zu „spezifischen Kompetenzen freier Wissenschafterinnen“, dass mit der Position der freien Wissenschafterin meist eine sehr diskontinuierliche Arbeitsbiographie verbunden sei. Freie feministische Wissenschafterinnen werden quasi zum „neoliberalen Subjekt“ par excellence und verfügen als „Unternehmerinnen ihrer eigenen Arbeitskraft“ über soziale, politische, wissenschaftliche, interdisziplinäre und unternehmerische Kompetenzen. Sie vermitteln, systematisieren und managen Wissen, entwickeln eigene Methoden, sind aber notwendigerweise auch gute Office Managerinnen. Ambivalent ist zum Einen die durchaus große Lust an diesen vielfältigen Tätigkeiten, zum Anderen aber oftmalige Überforderung durch diese Arbeitsbedingungen und die ihnen inhärenten Ansprüche. Nahezu verunmöglicht wird die Muße zur Entwicklung von Gedanken um in den erkämpften Freiräumen der eigenen wissenschaftlichen Tätigkeit nachgehen zu können und sich nicht permanent um das soziale und finanzielle Überleben sorgen zu müssen. Festgehalten wurde jedoch, dass diese Situation die allgemeine Arbeitsmarktsituation kennzeichne und nicht nur Arbeitsbedingungen von freien Wissenschafterinnen.
Monika
Mokre stellte am Ende ihres Impulsreferates die Frage, ob das Grundeinkommen
als mögliche Finanzierungsmöglichkeit für freie feministische
WissenschafterInnen sinnvoll sei, und regte damit eine lebhafte Diskussion
der sozialen Absicherung intellektueller Tätigkeit in unsicheren Arbeitsverhältnissen
in Bezug auf subjektive Unabhängigkeit an. Denn nach dem Studium oder
dem (Herkunfts-)Beruf in die Wissenschaft hinein- bzw. zurückzugehen
ist ohne finanzielle Unterstützung der Herkunftsfamilie oder der PartnerIn
kaum möglich. Das gesicherte Überleben würde auch – sonst
nicht honorierte – Systemkritik ermöglichen und emanzipatorische Prozesse
fördern. Doch einem Grundeinkommen für feministische Wissenschafterinnen
müsste die gesellschaftliche Anerkennung des Wertes feministischer
Arbeit vorausgehen.
Ein
weiterer Diskussionspunkt war das Thema der unbezahlten feministischen
Arbeit, denn nicht selten müssen feministische Wissenschafterinnen
eigenes Geld investieren um ihr Weiterkommen in der Wissenschaft durch
das so erarbeitete symbolische Kapital zu ermöglichen. Überlegt
wurde etwa über Projekt-Budgets hinausgehendes Engagement durch Selbstdisziplin
einzudämmen um AuftraggeberInnen zu zeigen, dass für das verfügbare
Geld nur ein bestimmtes Maß an Arbeit zu haben sei. Un- oder schlecht
bezahlte wissenschaftliche Arbeit wird in der Realität trotzdem teils
als lustvoll erlebt, weil gut bezahlte Projekte oft weniger interessant
seien. Außerdem ist nach wie vor unbezahlte feministische Arbeit
politische Notwendigkeit zur Herstellung einer feministischen Öffentlichkeit.
Die Diskussion der Vorträge von Helga Eberherr und Lucy Georgieva zur Institutionalisierung von Gender Studies an den Universitäten thematisierte abschließend die große Gefahr feministische Inhalte prinzipiell nur noch aus Sonderkontingenten zu finanzieren, und den Nachteil des Begriffes "Gender Studies": die Unsichtbarmachung von Frauen und feministischen Theorien.
Sabine
Prokop
(für
den VfW)
Veröffentlicht
in STICHWORT-Newsletter 15/2003, Wien, 14-15