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Österreichweite Vernetzungsstrategien

Workshop des Verbands feministischer Wissenschafterinnen auf der Tagung "Frauenförderung = Hochschulreform!", 28. Februar bis 2. März 2001 in Graz.

Feministische Wissenschaften wie auch feministische Wissenschafterinnen haben sich von jeher in verschiedenen, teilweise sehr unterschiedlich strukturierten gesellschaftlichen Bereichen verortet und organisiert, so lautete das einleitende Statement und damit der Ausgangspunkt zum Workshop des Verbandes feministischer Wissenschafterinnen. Unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen diese Heterogenität unter den Schlagworten Vernetzung einerseits und Frauenförderung andererseits in produktiver Weise weitergeführt werden kann, ohne der Gefahr der Vereinheitlichung zu erliegen, war eine der Prämissen der Diskussion.

Wenngleich der Begriff “Vernetzungsstrategien” im Gegensatz zu dem außer Mode gekommenen Begriff “Bündnisstrukturen” (dem hier dennoch nicht das Wort geredet werden soll) Machtverhältnisseund Hierarchien auszuklammern scheint, rückten diese Momente mit der Frage der sogenannten Innen-Außen-Vernetzung zunehmend ins Zentrum der Auseinandersetzung (Innen: inneruniversitär; Außen: außeruniversitär). Den Strategien voraus geht jedoch die Überlegung, wer vernetzt sich mit wem? Wobei folgende Szenarien, aufgrund der österreichischen Wissenschaftslandschaft im allgemeinen und der feministischen im besonderen, denkbar sind: Innen-Außen, Außen-Innen, Innen-Innen, Außen-Außen. Abgesehen von diesen Vernetzungsrichtungen, die immer auch machtpolitische und hierarchische Interessen sowie Fragen der Definitionsmacht implizieren, muß der Frage nachgegangen werden, auf welcher Ebene sich Einzelne, Gruppen und Institutionen vernetzen, d.h. wissenschaftspolitisch / strategisch, inhaltlich oder strukturell, um nur einige Möglichkeiten zu nennen.

Was ist schließlich unter Vernetzung zu verstehen? In welchen Bereichen sind Vernetzungen vorhanden bzw. in welchen Bereichen werden Vernetzungen vom wem gefordert und woran scheitern sie? Wenngleich diese Fragen auf den ersten Blick sehr unterschiedliche Antworten zu fordern scheinen, lassen sie sich letztlich auf ein grundsätzliches Problem zurückführen, das in der schier endlosen Innen-Außen-Diskussion kulminiert. Das Problem: Es handelt sich hierbei um eine Dominanzstruktur, die nicht zu umgehen ist, solange diese Setzung aufrechterhalten und permanent bestätigt wird. Bestätigt und aufrechterhalten wird diese Setzung einerseits durch eine zunehmend elitär ausgerichtete österreichische Wissenschaftspolitik, die Autonomie predigt, gleichzeitig Wissenschaft der Wirtschaft unterstellt und auf diese Weise weiter zetralistisch agiert, sei es in Hinsicht auf die Universitäten, Forschungseinrichtungen oder Fonds. Erinnert sei an die Änderungen des Universitätsstudiengesetzes (z.B. Einführung des Bakkelaureats, was die Doktoratsabschlüsse noch weiter ausdünnen wird als dies ohnehin bereits der Fall ist), des Dienstrechtes und nicht zuletzt an die Einführung von Studiengebühren. Außeruniversitäre Wissenschafts- und Forschungsinstitutionen sind nur peripher vorhanden, dasselbe gilt für Forschungsförderungsfonds, vor allem im Bereich der Geistes- und Kulturwissenschaften. Daß dabei eine Generation junger Wissenschafterinnen buchstäblich auf der Strecke bleibt, scheint im Preis inbegriffen – und bedeutet dennoch einen geradezu fahrlässigen Mißbrauch an wissenschaftlichen Ressourcen, um von individuellen Existenzkämpfen ganz zu schweigen.

Bestätigt und aufrechterhalten wird diese Innen-Außen-Setzung jedoch auch durch die offensichtlich mangelnde Bereitschaft, die unterschiedlichen feministischen Positionen und Positionierungen feministischer Wissenschafterinnen wahrzunehmen und zu reflektieren. Es geht schließlich nicht nur darum, externe Wissenschafterinnen oder ein Außen mitzubedenken, auf sie hinzuweisen und aufmerksam zu machen, sondern vielmehr darum anzuerkennen, daß sogenannte Externe unter prekären Bedingungen in nicht geringem Ausmaß am universitären Geschehen teilnehmen, aber nicht teilhaben. Das gilt nicht nur als ein für diverse Gremien bestimmtes An-sich, sondern auch als ein für jede Einzelne bestimmtes Für-sich. Welche Innen-Außen-Bewegungen sollten demzufolge thematisiert werden, wie wird eine Venetzung aus der Innen-Perspektive vorgestellt? Bislang erschöpfte sich die Notwendigkeit der Vernetzung in Forderungen von außeruniversitären Wissenschafterinnen nach mehr Transparenz, mehr Information etc. mit dem Resultat: Es gibt nach wie vor keine tragfähigen Strukturen einer Außen-Innen-Vernetzung. Problematisch an dieser Setzung ist nicht zuletzt die Begrifflichkeit selbst, die nicht nur ein Dabeisein oder nicht impliziert, sondern auch ein Dabeisein-Wollen sowie eine qualitative Wertung.

Verstellt wird mit der Fokussierung der Außen-Innen-Vernetzung der Blick auf eine mögliche Außen-Außen-Vernetzung und macht vor allem die Vielfalt der Außenpositionen unsichtbar. Insofern die Begrifflichkeit Außen-Außen-Vernetzung nach wie vor ein Innen voraussetzt bzw. von dieser Position aus bestimmt wird, wäre es an der Zeit, eine alternative Selbstbestimmung zu finden, die zum Ausdruck bringt, dass es nicht einzig um ein mehr oder weniger verdecktes Streben nach innen geht, sondern um plurale Formen und Herangehensweisen feministischer Wissenschaften, um kollektive Arbeitsstrukturen, unterschiedliche Weisen der Selbstorganisation, um neue Formen der Zugehörigkeiten. Die Gruppe außeruniversitärer feministischer Wissenschafterinnen wird unter den gegebenen wissenschaftspolitischen Voraussetzungen notwendigerweise immer größer, was die Notwendigkeit der Auseinandersetzung im gleichen Maße erhöht. Es stellt sich die Frage, ob es weiter Sinn macht, Energien in Brüchen und Friktionen aufzureiben oder eine Lösung zu finden, die eine Zusammenarbeit in einer brüchigen Heterogenität erlaubt.
 
 
 
Um sich dieser Aufgabe zu stellen, hat der Verband feministischer Wissenschaften das Angebot gemacht, die Organisation der 7. Österreichischen Wissenschafterinnentagung zu übernehmen. Perspektiven u.a.: 
  • Reflexion der hierarchischen Asymmetrie des Innen-Außen-Verhältnisses; 
  • unter welchen Bedinungen ließe sich diese Asymmetrie aufheben und nicht nur verschleiern?; 
  • Auseinandersetzung mit Konfliktpotenzial und Widersprüchlichkeit feministischer Wissenschaften und feministischer Wissenschafterinnen.

Dagmar Fink / Veronika Zangl
(erschienen in: Barbara Hey/Ada Pellert (Hg.),
Frauenförderung = Hochschulreform! Dokumentation der gleichnamigen Tagung vom 28. Februar bis 2. März 2001 in Graz.
[= Information Sondernummer 1/2001. Interuniversitäre Koordinationsstelle für Frauen- und Geschlechterforschung Graz, Graz 2001]
Gedruckt mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur in Wien.
S.129-131. )
 

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